Artikel | 07.07.2025

Funktionelle Elektrostimulation (FES) in der neurologischen Rehabilitation

Die Neurologin Simone Köhler betrachtet die funktionelle Elektrostimulation als vielversprechende Methode in der neurologischen Rehabilitation. Im Interview erläutert sie die Vorteile für Patientinnen und Patienten.

Frau Köhler, die Klinik Lengg bietet neu die funktionelle Elektrostimulation (FES) an. Was kann ich mir darunter vorstellen?
Die funktionelle Elektrostimulation ist eine Methode mit sehr viel Potenzial in der neurologischen Rehabilitation. Die Technik und ihre gute Verträglichkeit sind erfreulicherweise schon breit untersucht. Aktuell wird die FES bei uns erfolgreich eingesetzt bei Patient:innen mit Gesichtslähmungen verschiedener Ursachen, etwa nach einer Operation oder einem Schlaganfall.

Welche Vorteile bringt eine FES den Betroffenen?
Dank der FES können sich Symptome der Gesichtslähmung wie Speichelfluss (Drooling) oder eine leicht verwaschene Sprache verbessern. Zusätzlich besteht bei Betroffenen meist ein hoher Leidensdruck durch die kosmetische Problematik des hängenden Mundwinkels, welche sich auch mittels FES verbessern soll.

Wie läuft die Behandlung ab?
Mit Hautelektroden werden je nach Ursache der Gesichtslähmung entweder die Muskulatur oder die Nervenfasern des Gesichtsnervs elektrisch stimuliert. Während der Nervenstimulation haben die Patient:innen eine aktive Rolle inne, denn sie lösen die Stimulation erst durch ihre eigene Muskelaktivität aus.

Die Palette der Anwendungsmöglichkeiten ist noch lange nicht ausgeschöpft.
Dr. med. Simone Köhler, Neurologin

Können Sie sich künftig weitere Anwendungsgebiete vorstellen?
Die Klinik Lengg möchte zunächst die Stimulation des Lidschlusses und Biofeedback für die Therapie chronischer Gesichtslähmungen zusätzlich ins Programm nehmen, um zum Beispiel bei Synkinesien oder Tonuserhöhungen eine Linderung zu erreichen. Zudem haben viele unserer Patient:innen eine Gesichtslähmung nach Schlaganfall, eine sogenannte zentrale Fazialisparese. Die Anwendung der FES in diesem speziellen Bereich ist noch sehr wenig erforscht. Daher wollen wir bei positiver Resonanz auch Forschungsprojekte dazu planen. Weiter kann ich mir sehr gut vorstellen, dass die FES in der Klinik Lengg langfristig etwa in der Dysphagietherapie oder im Bereich der spezifischen Bewegungstherapien der Extremitäten eine noch grössere Rolle spielen wird.