Artikel | 07.07.2025

«Von der Digitalisierung in der Pflege profitieren alle»

Die Digitalisierung verändert nicht nur die Pflegepraxis, sondern stellt auch neue Anforderungen an die Ausbildung von Pflegefachpersonen. Eine umfassende Schulung in digitalen Anwendungen steigert nicht nur die Qualität der Pflege, sondern reduziert auch die Arbeitsbelastung und macht den Pflegeberuf attraktiver. Erfahren Sie im Interview mit Barbara Moll, Chief Nursing Officer, wie die Klinik Lengg moderne Technologien in der Pflege einführt.

Frau Moll, welche Rolle spielt die Digitalisierung aktuell in der Pflege der Klinik Lengg?
Die Digitalisierung spielt auch in der Pflege eine immer grössere Rolle. Im Jahr 2024 haben wir diverse Digitalisierungsmassnahmen umgesetzt, die den Pflegealltag spürbar erleichtern. Für 2025 sind weitere digitale Entwicklungsschritte geplant, wie etwa die PEP App, ein intelligentes, ortsunabhängiges Planungstool für die Personaleinsatzplanung. Dadurch lassen sich Privatleben und Beruf noch besser vereinbaren.

Welche Herausforderungen, denen Pflegefachpersonen im Alltag begegnen, können durch digitale Technologien verbessert oder sogar gelöst werden?
Das Pflegefachpersonal muss laufend mehr dokumentieren und gleichzeitig unseren Anspruch an eine individuelle und menschliche Versorgung von Patientinnen und Patienten erfüllen. Alle Technologien, die wir bei uns einsetzen, verfolgen deshalb drei klare Ziele: wertvolle Zeit für die direkte, persönliche Betreuung von Patientinnen und Patienten zu gewinnen, die Behandlungssicherheit weiter zu steigern und die Zufriedenheit der Pflegefachpersonen zu erhöhen.

Können Sie ein Beispiel nennen?
Zu den neu eingeführten Technologien in unserer Klinik zählt etwa die automatisierte Vitaldatenübertragung. Die neuen Überwachungsmonitore messen lebenswichtige Körperfunktionen wie Blutdruck, Puls, Temperatur und Sauerstoffsättigung. Mittels Scanner werden diese Daten direkt in unser Dokumentationssystem übertragen. Diese Automatisierung bringt unseren Pflegenden eine wertvolle Zeitersparnis, da sie die Vitaldaten nicht mehr manuell eingeben müssen. Zusätzlich können durch diese Technologie auch Übertragungsfehler vermieden werden.

Digitalisierung unterstützt Beziehung.
Barbara Moll, Chief Nursing Officer

Die Klinik Lengg setzt neu ebenfalls KI-gestützte Sensoren zur Sturzprävention ein. Wie kommt dies beim Pflegepersonal an?
Alle Pflegenden äussern sich sehr zufrieden, da das digitale Monitoring zuverlässig funktioniert. Wir setzen diese Technologie gezielt ein, um besonders sturzgefährdete Patientinnen und Patienten noch umfassender zu betreuen. Mithilfe von Radar-Technologie erkennt das Tool frühzeitig potenzielle Sturzrisiken im Zimmer und alarmiert über eine App, sodass Pflegefachpersonen schnellstmöglich Hilfe leisten können. Diese Technologie erleichtert den Pflegealltag massgeblich und gewährleistet zudem bei Risikopatienten eine hohe Sicherheit.

Viele Pflegekräfte haben Sorge, dass Technologie den menschlichen Aspekt der Pflege verdrängen könnte. Wie begegnen Sie dieser Skepsis?
Ich erlebe beides in den Teams: sowohl Begeisterung für digitale Entwicklungen als auch eine gewisse Zurückhaltung. Schulungen spielen eine wichtige Rolle, um eine neue Anwendung einzuführen und Fragen aus dem Team zu beantworten. Wir passen den Schulungsbedarf an die einzelnen Personen an – manche wünschen mehr, andere weniger. Bei den Technologien, die wir bisher anwenden, ist es zudem gerade umgekehrt: der menschliche Aspekt der Pflege rückt in den Vordergrund. Das Pflegeteam gewinnt dank ihnen mehr Zeit, sich seinen primären Aufgaben zum Wohle der Patientinnen und Patienten zu widmen.

Wagen wir einen Blick in die digitale Pflegewelt der Zukunft: Wie sieht sie aus und welche Aufgaben übernimmt die Technik, damit Pflegekräfte mehr Zeit für die Patientinnen und Patienten haben?
Im Grunde sind wir mit unseren Massnahmen in der Pflege schon sehr gut ausgerüstet. Im Bereich der Information und Edukation von Patientinnen und Patienten sehe ich noch Potenzial, etwa mit Informationsbildschirmen in den Zimmern oder Aufklärungs- bzw. Schulungsvideos. Dennoch bin ich überzeugt: Die persönliche Pflege wird nicht durch Technologien ersetzt. Und sicher ist der Pflegeroboter, vor dem Hintergrund des momentanen Stands der Entwicklung, auch keine Option.