Neuromodulation

Stimulationsverfahren werden bei schwer behandelbarer Epilepsie eingesetzt, wenn die medikamentöse Behandlung keine ausreichende Wirkung zeigt. Ziel dieser Stimulationsverfahren ist die epileptische Aktivität im Gehirn so zu verändern («Neuromodulation»), dass die Häufigkeit und Schwere von epileptischen Anfällen positiv beeinflusst wird.

Mit der Vagusnervstimulation und der tiefen Hirnstimulation stehen aktuell in der Schweiz zwei klinisch etablierte Verfahren zur Verfügung, die in unserem Zentrum regelmässig zum Einsatz kommen. Daneben gibt es mit der responsiven Neurostimulation, der kortikalen Stimulation und der transkraniellen Hirnstimulation weitere noch experimentelle Verfahren, welche in Zukunft, insbesondere bei therapieschwierigen Situationen, angewendet werden können.

Tiefe Hirnstimulation

Die tiefe Hirnstimulation wird bei schwer behandelbarer Epilepsie mit fehlendem Ansprechen auf Medikation eingesetzt. Damit kann zwar üblicherweise keine Anfallsfreiheit erreicht werden, durch die elektrische Stimulation an zwei Punkten im Gehirn kann die Häufigkeit und Schwere von epileptischen Anfällen jedoch positiv beeinflusst werden.

Zu diesem Zweck werden in einem neurochirurgischen Eingriff Elektroden in das Gehirn implantiert. Diese werden unter der Haut mit einem kleinen Gerät (dem Neurostimulator) verbunden, das einem Schrittmacher ähnelt. Über kabellose Verbindungen kann das Gerät dann von aussen durch das Ärzteteam bzw. von der Patientin oder dem Patienten kontrolliert und angesteuert werden.

Die Batterien des Neurostimulationsgerätes halten drei bis fünf Jahre, sind nicht aufladbar und können in einem kleinen Eingriff in örtlicher Betäubung ersetzt werden.

Das Ziel des Eingriffs ist nicht die Anfallsfreiheit, aber eine Verbesserung der Anfallssituation. Von grossen Studien wissen wir, dass die Zahl der Anfälle im Vergleich zu vor der Operation um 50 - 70% abnehmen kann. Zudem berichten viele Patientinnen und Patienten, dass sich die Schwere und Dauer der Anfälle deutlich vermindert. Das Verfahren zeigt somit eine gute Wirksamkeit bei gleichzeitig geringen Nebenwirkungen. Unerwünschte Wirkungen wie Gedächtnisstörungen oder Depressionen sind sehr selten und können üblicherweise durch eine Anpassung der Stimulationsparameter wieder rückgängig gemacht werden. Zirka 10% der implantierten Patientinnen und Patienten erreichen im Verlauf eine Anfallsfreiheit, was aber eher selten ist und somit nicht erwartet werden darf. Daten aus dem Langzeitverlauf zeigen, dass die Wirksamkeit des Verfahrens im Verlauf der ersten fünf Jahre von anfangs 40% auf bis zu 70% zunimmt.

Das Verfahren wird in Zürich im Rahmen des Zentrums für Epileptologie und Epilepsiechirurgie seit 2013 angewendet. Laufende Forschungsprojekte an unserem Zentrum widmen sich der Verbesserung der Effizienz dieses Verfahrens.

Informationsbroschüre zur Tiefen Hirnstimulation (pdf)

Vagusnervstimulation

Mit der Vagusnervstimulation steht ein weiteres Stimulationsverfahren für die Behandlung von therapieschwierigen Epilepsien zur Verfügung. Ähnlich wie bei der tiefen Hirnstimulation, wird über ein batteriebetriebenes Stimulationsgerät Impulse an das Gehirn gesendet.

Im Unterschied zur tiefen Hirnstimulation erfolgt die Stimulation ausserhalb des Gehirns am Vagusnerv am Hals. Die regelmässigen Stromimpulse können die epileptische Hirnaktivität hemmen und somit die Anzahl und Intensität der epileptischen Anfälle reduzieren. Die Chancen für eine Verbesserung der Anfallssituation mit einer Halbierung der Anfallshäufigkeit liegen bei der Vagusnervstimulation bei etwa 50%. Die Vagusnervstimulation hat somit eine ähnliche Wirksamkeit wie die tiefe Hirnstimulation, wenngleich vergleichende Studien für diese beiden Verfahren nicht verfügbar sind. Die Vagusnervstimulation ist gut verträglich, mögliche Nebenwirkungen sind Schlafstörungen, schlafbezogene Atemstörungen oder Heiserkeit. Als positiven Nebeneffekt kann die Vagusnervstimulation gelegentlich eine stimmungsstabilisierende Wirkung haben. Bei fehlender Wirksamkeit kann das Gerät, wie das tiefe Hirnstimulationssystem, nach Batterieerschöpfung wieder ausgebaut werden, wobei die Implantation am Nerv selber üblicherweise im Körper verbleibt.

Experimentelle Verfahren

Neben den oben erwähnten klinisch etablierten Neuromodulationsverfahren sind im Moment weitere Systeme wie zum Beispiel ein adaptives Stimulationsverfahren (Neuropace) oder ein implantiertes System zur transkraniellen Magnetstimulation des epileptischen Fokus (EASEE) in grösseren Studien in Erprobung. In der Schweiz sind diese Verfahren aktuell noch nicht klinisch zugelassen.

Als weiterführende Verfahren, insbesondere bei anhaltender epileptischer Aktivität bei klarem epileptischen Fokus, sind zurzeit nicht invasive, transkranielle Stimulationsverfahren (tACS und tDCS) in experimenteller Erprobung. Unsere Forschungsgruppe am Schweizerischen Epilepsie-Zentrum der Klinik Lengg widmet sich diesem Ansatz in einem eigenen Forschungsprojekt.