Prächirurgische Epilepsiediagnostik bei Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen

Die prächirurgische Diagnostik für Erwachsene, Kinder und Jugendliche gehört zu den Kernkompetenzen des Schweizerischen Epilepsie-Zentrums an der Klinik Lengg. Sie erfordert fachliche Expertise sowie eine hochspezialisierte Infrastruktur und darf nur an einem zertifizierten Zentrum durchgeführt werden.

Die prächirurgische Diagnostik prüft die Chance und Risiken einer epilepsiechirurgischen Behandlung für Patientinnen und Patienten, die trotz Einnahme geeigneter Medikamente weiterhin epileptische Anfälle haben.

Im Rahmen der Diagnostik wird einerseits so präzise wie möglich untersucht, um welche Form von Anfällen es sich handelt und wo im Gehirn die epileptischen Anfälle ausgelöst werden. Andererseits wird abgeschätzt, ob eine Operation in dieser Zone wichtige Fertigkeiten wie Sprechen, Denken oder Bewegen beeinträchtigen könnte.

Aus diesen Untersuchungen ergibt sich, ob für die Betroffenen eine heilende Epilepsieoperation oder eine lindernde Neuromodulation infrage kommt. Durch die sorgfältige und individuelle Diagnostik vor jeder Operation ist die Epilepsiechirurgie ein sehr sicheres Verfahren.

Zur den hochkomplexen Untersuchungen für Erwachsene und Kinder gehören:

Langzeit Video- und EEG-Intensivmonitoring

Das Elektroenzephalogramm (EEG) ist die wichtigste Untersuchungsmethode für Epilepsie. Es misst die Hirnströme und zeichnet Anfälle auf. Um einerseits die Art der Anfälle und andererseits den Ursprung der Anfälle im Gehirn präzise herauszufinden, führen wir ein Video- und EEG-Intensivmonitoring durch, um Anfälle aufzuzeichnen. Dies kann von Patientinnen und Patienten etwas Geduld erfordern, da die Anfälle teilweise erst provoziert werden müssen (beispielsweise mit der Reduktion der Medikamenteninnahme). In unserem spezialisierten Zentrum steht für diese Diagnostik eine spezielle Abteilung zur Verfügung, wo Patientinnen und Patienten rund um die Uhr von kompetenten Fachpersonen überwacht werden. In unserem zertifizierten Schlaflabor können auch Anfälle im Schlaf aufgezeichnet werden.

Bildgebung

Die Kernspintomographie (MRT) erlaubt es, Blutflussveränderungen im Gehirn darzustellen, die mit räumlich umschriebenen Aktivitäten des Gehirns im Zusammenhang stehen. Damit ist es möglich, Hirnstrukturen der Sprach- und Gedächtnisverarbeitung, der Emotionsverarbeitung, der visuellen Wahrnehmung und der Motorik anatomisch abzubilden. Diese Untersuchungen dienen der Abschätzung möglicher Risiken eines epilepsiechirurgischen Eingriffs sowie dessen Planung. Sie finden am MR-Institut an der Schulthess-Klinik in unmittelbarer Nachbarschaft unserer Klinik statt. Die Untersuchungen werden dort durch erfahrene Fachpersonen des Schweizerischen Epilepsie-Zentrums durchgeführt.

Neuropsychologie

Mit ausführlichen neuropsychologischen Tests untersuchen Neuropsychologinnen und europsychologen, ob und wie die Epilepsie geistige Fertigkeiten wie Sprache, Gedächtnis und/oder Aufmerksamkeit beeinträchtigt. Dies erlaubt Rückschlüssen auf die Zone im Gehirn, die die epileptischen Anfälle auslöst. Zusätzlich kann mit dieser Methode vorausgesagt werden, ob Fertigkeiten wie Sprache, Gedächtnis und/oder Aufmerksamkeit durch die Operation beeinträchtigt werden könnten.

Falls die bisher beschriebenen Untersuchungen keine eindeutigen Resultate liefern, führen wir ebenfalls einen sogenannten Wada-Test durch. Der Test basiert auf einer kurzzeitigen Anästhesie einer Grosshirnhemisphäre, um untersuchen zu können, ob Sprache, Gedächtnis und logisches Denken von der nicht-betäubten Hemisphäre getragen werden. Dazu wird neuroradiologisch ein Katheter bis zu den hirnversorgenden Blutgefässen eingebracht über den die Anästhesie mit Etomidate gesteuert wird. Die Testuntersuchung findet in der Angiographie des Instituts für Neuroradiologie des Universitätsspitals Zürich statt und erfolgt durch Prof. Dr. Hennric Jokeit vom Schweizerischen Epilepsie-Zentrum.

Anfallsaufzeichnung mit implantierten Elektroden

Bei speziellen Fragestellungen kann es in einem weiteren Schritt der Diagnostik notwendig werden, Anfälle mit Elektroden aufzuzeichnen, die vorgängig in der Neurochirurgie des Universitätsspitals Zürich direkt auf die Hirnoberfläche oder ins Gehirn implantiert wurden. Die Anfallsaufzeichnung wird ebenfalls im Video-EEG-Intensivmonitoring im Schweizerischen Epilepsie-Zentrum erfolgen. Falls erforderlich lassen sich bei Patientinnen und Patienten mit implantierten Elektroden auch Hirnfunktionen prüfen, indem das Gehirn durch kleine elektrische Ströme gezielt an den Elektroden gereizt wird. Dieses «funktionelle Mapping» erlaubt es, Funktionen im Gehirn zu lokalisieren und entsprechend bei der Planung des chirurgischen Eingriffes zu berücksichtigen. Auf diese Weise werden auch epilepsiechirurgische Eingriffe in der Nähe wichtiger Gehirnzentren, wie denen für die Sprache oder die Bewegungssteuerung, möglich.

Bei Bedarf kommen weitere Zusatzuntersuchungen an unserem Zentrum zum Einsatz, beispielsweise die klinisch-psychologische Untersuchung und die sozialmedizinische Befragung.

Dank der engen, interdisziplinären Zusammenarbeit unserer Fachteams können wir die Erkenntnisse aus EEG-Video-Intensivmonitoring, Schlaflabor, MRI-Diagnostik und Neuropsychologie umfassend auswerten und in vielen Fällen die Epilepsieherde präzise lokalisieren. Dies erlaubt es, die Chancen und Risiken einer epilepsiechirurgischen Operation umfassend einzuschätzen. Erst wenn alle Untersuchungsergebnisse vorliegen, kann gemeinsam mit den Patientinnen und Patienten ein Entscheid getroffen werden.

Sollte ein heilender epilepsiechirurgischer Eingriff nicht möglich sein, stehen Betroffenen sogenannte lindernde Behandlungsoptionen mittels Neuromodulation zur Verfügung.

Kennzahlen zur prächirurgischen Diagnostik

Seit 2003 wurden in der Klinik Lengg insgesamt 764 Patientinnen und Patienten prächirurgisch abgeklärt. Insgesamt wurden danach 342 epilepsiechirurgische Eingriffe vorgenommen, davon 312 sogenannte resektive Operationen in heilender Absicht.

Sämtliche prächirurgische Abklärungen und Eingriffe werden im Rahmen der Kooperation mit dem Zentrum für Epileptologie und Epilepsiechirurgie (ZEE) Zürich durchgeführt.

Kennzahlen zur prächirurgischen Diagnostik

Seit 2003 wurden in der Klinik Lengg insgesamt 764 Patientinnen und Patienten prächirurgisch abgeklärt. Insgesamt wurden danach 342 epilepsiechirurgische Eingriffe vorgenommen, davon 312 sogenannte resektive Operationen in heilender Absicht.

Sämtliche prächirurgische Abklärungen und Eingriffe werden im Rahmen der Kooperation mit dem Zentrum für Epileptologie und Epilepsiechirurgie (ZEE) Zürich durchgeführt.